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„Ich will achtundhundert Tage hier bleiben!“ Eltern-Kind-Kurs 2015

 Wie viele Tage würde Sie Ihr Chef wohl für den Eltern-Kind-Kurs „Ich bin sehbehindert“ des BFS NRW beurlauben? Ginge es nach der 4-jährigen Norina, die vom 29.05.2015 bis zum 31.05.2015 zum ersten Mal teilnahm, hätten ihre Eltern hart mit ihren Vorgesetzten verhandeln müssen, denn das Wochenende würde noch heute andauern; oder in Norinas Worten: „Ich will achtundhundert Tage hier bleiben!

Nun triff es sich, dass ich zu besagten Eltern zähle und aus arithmetischen Gründen froh bin, dass die kleine Dame (noch) nicht die Hoheit über unseren Terminkalender besitzt. Ihren Wunsch verstehe ich aber zu achtundhundert Prozent, denn der Eltern-Kind-Kurs wird uns allen in bester Erinnerung bleiben. - Und das, obwohl wir nur mehr oder weniger zufällig Teilnehmer geworden sind:
Um ein paar Ecken erreichte mich eine Anfrage, als ehemaliger Schüler und heutiger Englisch- und Ethiklehrer an der Carl-Strehl-Schule (Deutsche Blindenstudienanstalt in Marburg) über meine eigenen Erfahrungen in Schule und Internat aus zwei Perspektiven zu berichten. Doch warum sollte nicht auch ein Referent von den Erfahrungen der übrigen Teilnehmer profitieren? Da Norina gerade von der Frühförderung betreut wird, es bei der Organisation des Integrationsplatzes  im Kindergarten hakt  und sich der Gedanke an die Einschulung langsam in unseren Köpfen beginnt breitzumachen, fiel die Entscheidung nicht schwer, die ganze Familie mit in das Aura-Hotel in Bad Meinberg zu nehmen, um andere Familien mit ähnlichen Fragen kennenzulernen und sich auszutauschen.

Gruppenbild von den Teilnehmern

Die Wichtigkeit dieses Aspekts haben die Organisatoren (Elisabeth Krych, Birgit Seikrit und Frank Laemers) erkannt und ihm im Programm des Eltern-Kind-Kurses viel Platz eingeräumt. So gab es für die 37 Teilnehmer neben Vorträgen und moderierten Diskussions- und Fragerunden (u.a. zu den Themen spezifische Lern- und Förderbedarfe, Inklusion vs. Förderschule, Alltagsbewältigung, Freizeitgestaltung und Sozialrecht) auch stets Raum für inspirierende Privatgespräche beim gemeinsamen Essen und angeregte Unterhaltungen in geselliger Runde am Abend. Für jede Frage – ob allgemein oder persönlich, ob alltagsbezogen oder schulisch - fand sich auf diese Weise der passende Rahmen. Alle Anliegen, die im Zusammenhang mit einer Sehbehinderung unter den Nägeln brennen, konnten in der Kürze der Zeit sicher nicht geklärt werden, doch durch das Zusammentreffen der verschiedensten Familien mit einer Fülle an Erfahrungen, ist ein Netzwerk entstanden, innerhalb dessen die altersspezifischen Fragen und Anliegen ganz individuell besprochen werden können.

Inforunde der Eltern

Während die Erwachsenen im Seminarraum miteinander in Austausch traten, war der Nachwuchs immer bestens versorgt. Das kreative, 7-köpfige Betreuerteam bastelte, malte, spielte, musizierte und tobte mit den Kindern was das Zeug hielt. Ganz nebenbei lernten die Kinder aber auch Sehbehinderung als einen Teil ihrer selbst, den es zu akzeptieren möglich ist, kennen, da auch einige der Betreuer als selbst Betroffene und frühere Teilnehmer des Kurses authentische Beispiele für einen souveränen Umgang mit ihrer Seheinschränkung sind.

Kinder beim Mensch-ärgere-dich-nicht spielen     Gruppe mit Schwungtuch

Doch nach siebenundhundert Tagen war leider schon die Zeit für den Abschiedsabend gekommen, den wir natürlich nicht sang- und klanglos verstreichen lassen wollten. Nach dem Grillen saßen  wir noch lange bei handgemachter Musik für Groß und Klein am Lagerfeuer und rösteten das ein oder andere Stockbrot. Als das Feuer erlosch, konnte dies unsere Runde nicht stoppen, denn schließlich gab es noch einen Geburtstag zu feiern und das will bekanntlich ordentlich erledigt sein. So verließen wir die frische Mainacht und zogen ins Innere des Hotels um, wo das Klavier schon wohltemperiert auf uns wartete. Im Übrigen bot uns das Aura Bad Meinberg neben dem Klavier noch viele weitere Möglichkeiten, dem Tatendrang der Kinder zwischen den Veranstaltungen gekonnt zu parieren: Die Kegelbahn mit akustischen Signalen und das Schwimmbad seien hier nur als zwei Beispiele genannt.

Spaß mit Stockbrot

Aufgrund dieser gelungenen Mischung aus fundierter Wissensvermittlung, Erfahrungsaustausch, Geselligkeit, Spiel und Spaß steht schon heute fest, dass wir auch im nächsten Jahr wieder dabei sein werden. Nur den in Zahlen nicht auszudrückenden Sonderurlaub habe ich mich noch nicht getraut bei meinem Chef zu beantragen und bitte Norina daher, solange lediglich das Wochenende vom 03.06.2016 bis zum 05.06.2016 in unserem Terminkalender zu vermerken.

Teilnehmer Jens Flach


Der EKK konnte durchgeführt werden mit Unterstützung der folgenden Krankenkassen:

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