Schule - Inklusion
Gemeinsames Lernen
Unterricht mit und für Kinder und Jugendliche mit Sehbehinderungen (oder Blindheit oder mit „erheblichen Störungen der zentralen Verarbeitung von Seheindrücken") findet in NRW nach dem Schulgesetz (AO-SF = Ausbildungsordnung Sonderpädagogische Förderung, 11.10.2014) in der Regel in der allgemeinen Schule statt. Das ist zumeist die wohnortnahe Schule und dort die entsprechende Klasse, in der die Kinder und Jugendlichen auch ohne Sehbeeinträchtigung unterrichtet werden würden. Dies ist vorrangig mit Inklusion („inklusive Bildung") gemeint.
Da die Realitäten, wie so oft, etwas anders sind, gibt es aufgrund der vergleichsweise geringe Anzahl von Schülern mit Blindheit oder Sehbehinderung zwar zumeist noch eine Einzelinklusion, aber es gibt auch Bestrebungen so genannte Schwerpunktschulen zu haben, die sich auf die Unterstützung einer Gruppe mit bestimmter Behinderung kompetent macht und so auf Dauer die Lernbedingungen und notwendigen Unterstützungsmaßnahmen besser kennt und anwenden kann. Dies ist bei der kleinen Zielgruppe oft auch im Sinne einer Ressourcenbündelung (personelle und sächliche Kosten), entspricht aber nicht mehr dem Gedanken der Inklusion, da so sehbehinderte und blinde Schüler wieder weitere Strecken von ihrer Wohnung zur Schule fahren müssen (entspräche eher einer "Förderschule innerhalb einer Regelschule").
In den allgemeinen Schulen werden für andere Förderbereiche Sonderpädagogen als Lehrkräfte eingestellt. Regelungen sehen vor, dass in einem Klassenverband bis zu 5 Schülerinnen und Schüler mit einer Behinderung sind, wobei die Gesamtzahl der Klasse nicht mehr als 25 Schülerinnen und Schüler umfasst. Im Förderbereich Sehen (Unterstützung für Schülerinnen und Schüler mit Blindheit, Sehbehinderung oder mit erheblichen Störungen der zentralen Verarbeitung von Seheindrücken) findet die Förderung derzeit durch Sehbehinderten- und Blindenlehrer statt, die ihre Stammschule an einer traditionellen Blinden- und Sehbehindertenschule haben. Die Ressourcen dieser Schulen werden auf diese Weise (weiter) genutzt.
Diese Betreuung und Unterstützung nennt sich seit dem Schuljahr 2014/15 in NRW "gemeinsames Lernen" (vorher: "gemeinsamer Unterricht" und davor "Integrativer Unterricht"). Der Unterricht findet zielgleich (gleiche Lehrpläne) statt. Tritt ein weiterer Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung hinzu (Förderschwerpunkt „Lernen" oder „Geistige Entwicklung" ) wird zieldifferent nach deren Bildungsgang unterrichtet.
Aufgrund der verschiedenen Schulträgerschaft durch den Landschaftsverband Westfalen-Lippe und dem Landesversorgungsamt Rheinland sowie unterschiedlichen Schulaufsichtsbehörden (Bezirksregierungen) haben sich für die 12 NRW Förderschulen mit Förderschwerpunkt Sehen - aktuelle offizielle Bezeichnung für die Blinden- und Sehbehindertenschulen (Standorte: Aachen, Bielefeld, Dortmund, Duisburg, Düren, Düsseldorf, Gelsenkirchen, Köln, Münster, Olpe, Paderborn, Soest).– unterschiedliche Rahmenbedingungen und Möglichkeiten für die Arbeit in der Inklusion je nach Standort und Dienstregelungen ergeben.
Lehrgrundlage ist ein Förderung der Schülerinnen und Schüler in sehgeschädigten-spezifischen Bereichen (Wahrnehmungsförderung, Arbeitstechniken, Hilfsmittel/Computer, Orientierung & Mobilität + Alttagspraktische Fertigkeiten, Soziale Kompetenzen, Spezifisches zum Schreiben und Lesen) sowie Beratung und Zusammenarbeit aller Beteiligter (Schüler, Eltern, Lehrer, Augenärzte/Optiker, weitere Institutionen)
Je nach Standort können die zur Verfügung stehenden Stunden für die sonderpädagogische Unterstützung gepoolt und/oder konkret einzelnen Kindern zugeteilt werden. Der Umfang der Unterstützung hängt von der Anzahl der bereit stehenden Lehrerstunden und der Anzahl zu unterstützender Schülerinnen und Schüler im Gemeinsamen Lernen ab. In der Regel werden die Förderschullehrer abgeordnet und arbeiten im Gemeinsamen Lernen an mehreren Schulen an unterschiedlichen Standorten (2 -10 und mehr Schulen) in der Woche, so dass der wöchentliche Tourenplan aufgrund der vorgegebenen Stundenpläne an den jeweiligen Schulen gut koordiniert werden muss. Dabei werden Fahr- und Pausenzeiten in der Regel nicht als Arbeitszeitzeit angerechnet, was ein Verteilen der Förderstunden innerhalb der regulären Vormittagsschulzeiten erschwert bzw. ein Verlegen auf Nachmittagsbereiche (Sek I, II) erfordert.
Infos auch bei:
ISaR - Inklusion Sehgeschädiger an Regelschulen (Inclusive Services and Rehabilitation)
Schule & Förderschule
Das Schulgesetz erlaubt aber weiterhin auch die Führung der Förderschulen mit Förderschwerpunkt Sehen, an deren Standort, sprich in deren Schulgebãude Klassen unterrichtet werden. Dafür bedarf es dem Elternwunsch oder einer Zuweisung durch die Schulämter, die die Entscheidungsträger sind.
Die AO-SF §1(1) besagt: „Die Eltern können abweichend hiervon die Förderschule wählen").
An den Förderschulen Sehen gibt es Unterschiede in den Bildungsgängen und Arbeitsbereichen. Es gibt Grundschul- und Hauptschulklassen, so dass sich der einfache oder qualifizierte Hauptschulabschluss erreichen lässt. Die Klassen 1-2 werden als Schuleingangsphase geführt (Besuch von 1 - 3 Schuljahren). Alle Schulen in NRW führen auch den Bildungsgang Lernen und Geistige Entwicklung. Am Standort Soest gibt es einen Realschulzweig. An den Standorten Düren und Soest gibt es auch Internate. Die Aachener Schule unterrichtet keine Schülerinnen und Schüler mehr im eigenen Schulgebäude vor Ort, sondern ausschließlich im Gemeinsamen Lernen. An der Kölner Schule gibt es keinen Hauptschulzweig mehr. Der Erwerb der mittleren Reife (Höhere Handelschule) oder der allgemeinen Hochschulreife (Berufliches Gymnasium) sind am LWL-Berufskolleg Soest - Förderscherpunkt Sehen - möglich.
Das Abitur kann ansonsten nur außerhalb NRWs in Marburg (Blindestudienanstalt) oder in Königs Wusterhausen (Brandenburgische Schule für Blinde und Sehbehinderte) erworben werden.
In den Förderschulen werden die Fächer und Unterrichtsinhalte entsprechend den Grund- und Hauptschulrichtlinien und der Bildungsgänge erteilt.
Welche Schwerpunkte an den Schulen gesetzt werden oder existieren, kann den Schul-Homepages entnommen werden (siehe Schulen).
Feststellung des Förderbedarfs
Eine Unterstützung im Förderbereich Sehen bedarf egal in welcher Schule und auch zu einem Zeitpunkt der weiterführenden Schule (Sek I, II.) eines sonderpädagogischen Gutachtens und Feststellung des „sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs" aufgrund dessen das Schulaufsichtsbehörde/Schulamt seine Entscheidung trifft (AO-SF §12, 13). Das Schulamt weist das Kind dann einer (wohnortnahen) allgemeinen Schule oder ggf. Förderschule zu. Die Eltern können, falls sie dafür einen Anlass sehen, ihr Kind auch an einer anderen Schule als der vom Schulamt zugewiesenen anmelden (dies bedarf der Abstimmung und Zustimmung der Schule und des Schulträgers). (AO-SF §16 (4, 5))
Die Einleitung bzw. Eröffnung des Verfahrens in diesem Bereich wird von den Eltern (zumeist über die allgemeine Schule) bei der zuständigen Schulbehörde beantragt. Dies kann auch im Gegensatz zu anderen Förderschwerpunkten, wie "Lernen" während der Schuleingangsphase (Schuljahre 1-3) geschehen. Die Schule und Förderschullehrer werden dabei entsprechend beraten und unterstützen; insbesonders, wenn das Kind mit Sehschädigungen bereits durch die Frühförderung im Bereich „Sehen" unterstützt wird.
Dieser Artikel wurde bereits 24090 mal angesehen.